PR-Hackathon 2018: Die Höhle der Löwen
Die Digitalisierung gibt auch der Kommunikation Drive – Ermüdungserscheinungen auch nach 72 Stunden Fehlanzeige. Kommunikateure, Entwickler und Grafiker stellen sich der Frage, wie sich die Kommunikationsbranche neue Technologien zu Nutzen machen kann. Gastgeber des von news aktuell initiierten Formats war dieses Jahr die Otto Group in Hamburg. Und letztendlich galt es, die hochkarätig besetzte Fachjury – unter anderem mit Vertretern von Google, Microsoft und Next Media Accelerator – im 3-Minuten-Pitch zu überzeugen.
Content und Kollaboration als Treiber
In Barcamp-Manier präsentierten die Teilnehmer Themen, Ideen und Problemstellungen und fanden sich zu neun Teams zusammen. Im Start-up-Ambiente hieß es dann drei Tage lang: Brainstormen, Analysieren, Diskutieren, Lösungen entwerfen, verwerfen, neubauen und anschaulich aufbereiten. In den meisten Fällen entwickelten die Programmierer bereits einen funktionsfähigen Prototypen, den das Team im Pitch präsentieren konnte.
Ein Blick auf die Projekte macht schnell deutlich, welche Themen die Branche momentan bewegen: Content und Kollaboration.
- Wie kann Content personalisiert und perfekt auf die jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten werden?
- Und wie kann die Zusammenarbeit zwischen Agenturen, Unternehmen, Dienstleistern, Freelancern und Kunden optimiert werden? Wo lassen sich Schnittstellen finden?
Die von der Jury prämierten Projekte zahlten größtenteils auf diese Fragestellungen ein.
Buchungsportal für Freelancer: „The Creative Talents“
Auch das Projekt, das unter JP│KOM-Mitarbeit entstand, befasste sich mit einer kollaborativen Problemstellung: der Zusammenarbeit zwischen Agenturen oder Unternehmen mit Freelancern im Kreativbereich.
Die Ausgangslage: Agenturen und Unternehmen wenden sehr viel Zeit auf, um passende externe Kreative wie Grafiker, Fotografen, Programmierer für ihre Projekte zu finden. Freelancer finden dagegen nur schwer lukrative Projekte, vor allem Einsteiger, die noch keinen festen Kundenstamm besitzen oder in der Branche unbekannt sind.
Die Idee: The Creative Talents – eine Plattform, die Agenturen oder Unternehmen mit Freelancern aus dem Kreativbereich zusammenbringt und die aufwändige Recherche im Bezug auf Qualität, Budget und Verfügbarkeit vereinfacht. Agenturen und Unternehmen wird auf dem Portal ein großer Pool an Freelancern vorgestellt, die sie anhand von Kriterien wie Branchenerfahrung oder geografischer Nähe auswählen können.
Der Mehrwert: Anhand von Arbeitsproben filtert ein Algorithmus dann den für das jeweilige Vorhaben passenden Freelancer. Auftraggeber beauftragen ihn direkt über die Plattform. Freelancern wird Zugang zu neuen Projekten gewährt, auch wenn sie noch kein großes Netzwerk an eigenen Kontakten und Kunden aufgebaut haben. Zudem regelt die Plattform – ähnlich zu Reiseportalen wie booking.com – auch die vertraglichen Rahmenbedingungen und minimiert die Risiken für beide Seiten, mit neuen Partnern zusammenzuarbeiten. Für jeden vermittelten Auftrag zahlen Auftraggeber 50 € und sparen im Durchschnitt acht Stunden Zeit.
Drei Erkenntnisse: Problemliebe, Toolbedarf und Präsentationshürden
Ein Hackathon bietet die Möglichkeit, neue, kreative Arbeitsweisen zu testen und in sehr kurzer Zeit Ideen umzusetzen, die im Agenturalltag und vor allem in der Zusammenarbeit mit Kunden mehr und mehr Relevanz gewinnen. Unsere Erkenntnisse aus dem zweiten PR-Hackathon sind:
Liebe das Problem: Neue Geschäftsmodelle etablieren sich nur, wenn es einen Bedarf gibt – und noch keinen guten Workaround für das Problem. Das lässt sich am Besten im Feld heraus finden. Um etwa sicherzustellen, dass „The Creative Talents“ die Lösung auf ein echtes Issue ist, hat sich jedes Teammitglied für zwei Stunden zurückgezogen und in einer Mini-Stakeholder-Befragung kurzerhand Arbeitskollegen, Freelancer und sogar Kunden angerufen und befragt.
Die beste Idee ist nur so gut, wie sie präsentiert wird: Um eine Jury in drei Minuten von drei Tagen Arbeit zu überzeugen, braucht es das kommunikative Handwerk, komplexe Sachverhalte einfach und prägnant zu erklären. Viele gute Ideen sind in vielen Slides und zu viel Sprechtext untergegangen, was bei Hackathons aber oft auch der mangelnden Vorbereitungszeit und der Müdigkeit geschuldet ist.
Agiles und kreatives Arbeiten braucht Tools: Hackathon und Struktur schließen sich nicht aus, sie befruchten sich sogar. Wer sich in sechsköpfigen Teams ohne Hierarchien in unstrukturierten Diskussionen verliert, entwickelt keine guten Ideen. Von SWOT-Analyse über Issue-Maps bis hin zu Design Thinking und Brainwritings helfen Tools, die Projektarbeit zu strukturieren, Probleme zu erkennen und passende Lösungen zu entwickeln.
Titelbild: © Daniel Reinhardt/news aktuell