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Teure Therapien: Pharma-Industrie sollte verteilungsethische Diskussion moderieren

von Jörg Pfannenberg – 19. Februar 2016

 

Die richtigen Fragen. Und die bekannten Beispiele: Sovaldi für Menschen mit Hepatis-C, Kosten für die Behandlung 53.566 Euro, Heilung. Glybera gegen die Stoffwechselerkrankung LPDP, Kosten pro Behandlungszyklus mehr als eine Million Euro, Behebung des Gendefekts. Die neuen immunonkologischen Medikamente für diverse Krebsarten, Kosten pro Behandlungsjahr rund 100.000 Euro, keine Heilung, durchschnittliche Lebensverlängerung zwei Monate – aber im Einzelfall eben auch mehrere Jahre (Link zum WiWo-Artikel auf der rechten Seite).

 

Während LPDP äußerst selten ist und an Hepatis-C pro Jahr ca. 5.000 Menschen erkranken, sind es bei Krebs allein in Deutschland pro Jahr mehr als 500.000 Fälle. Bisher sind die neuen immunonkologischen Medikamente für eher seltene Krebsarten, wie das fortgeschrittene (nicht resezierbare oder metastasierte) Melanom oder das lokal fortgeschrittene oder metastasierte nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) mit plattenepithelialer Histologie zugelassen, aber weitere Zulassungen für häufigere Krebsarten laufen im Eilverfahren. Was die Aktien der innovativen Pharmaunternehmen zurecht in die Höhe treibt und Unternehmensberater ins Schwärmen bringt, löst bei Kostenträgern und Gesundheitsökonomen Befürchtungen aus, was die Finanzierbarkeit angeht.

 

Die grundlegenden Fragen, die bisher kaum einer öffentlich zu stellen wagt: „Diese neuen Wirkstoffe können Fortschritt bedeuten. Aber Medikamente wie diese stellen uns vor eine Grundfrage: Wie viel ist die Gesellschaft bereit, für die Hoffnung (von Einzelnen) auf längeres Leben zu zahlen?“, so der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem im Zeit Magazin. „Am Ende geht es auch darum: Wir müssen gemeinsam entscheiden, ob wir bereit sind, jeden Preis zu zahlen – auch wenn wir wissen, dass die meisten dieser Medikamente nicht heilen, sondern das Leben im Schnitt um wenige Wochen bis Monate verlängern“, fügt Prof. Wolf-Dieter Ludwig von den Berliner Helios-Kliniken hinzu. Gut gefragt. Der Zeit-Artikel führt dann die Gemengelage vor:

  • Das QALY-Konzept in UK, das qualitätskorrigierte Lebensjahr. Momentan zahlt der Nationale Gesundheitsdienst den Briten Therapien, die maximal 40.000 Euro pro QALY kosten.

  • Die besondere Tradition Deutschlands mit der Euthanasie im Dritten Reich, die solche Rechnungen hier bisher tabuisiert.

  • Die reflexhaften Statements von Pharma-Managern, die Fragen beantworten, um die es hier gar nicht geht, etwa: Sind die Gewinne der Pharmaindustrie gerechtfertigt? Ist der Preis fair? Was kostet die Entwicklung solcher Medikamente?

  • Die Hoffnungen des Einzelnen, der durch eine solche teure Therapie vielleicht noch einige Monate oder gar Jahre mit seiner Familie und seinen Freunden zusammen sein kann.

So komplex ist die Gemengelage. Sie bietet für die Kommunikation der Pharmaindustrie neue Risiken, aber auch Chancen:

 

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Fest steht, die Pharma-Industrie kann zu diesem Thema nicht weiter schweigen, die Verbände und die einzelnen Unternehmen müssen Ihre Rolle finden. Auch wenn sie selbst hier kaum Stellung nehmen sollte, könnte für die Pharmaindustrie durchaus eine sinnvolle Rolle darin bestehen, den verteilungsethischen Diskurs zu moderieren.

(wird fortgesetzt)