PRognose ungewiss? Herausforderungen für den Kommunikator von morgen.
Ob in Unternehmen oder Agenturen – die Anforderungen an Kommunikatoren sind komplex und dynamisch.
Bevor das Podium um Moderator Nico Kunkel, Chefredakteur des PR Report, zu Wort kommt, ist es anTrendforscher Sven Gábor Jánszky die anwesenden Gäste auf eine digitale Zeitreise zu entführen.Seine These: Mit der neuen Ära der „Ökonomie der Anerkennung“ verlieren Marken ihre Bedeutung. Aufgrund von Big Data vertrauen Kunden bei jeder Kaufentscheidung mehr und mehr auf intelligente Technik. Der algorithmusgeleitet und individualisierte Informationsstrom wird dabei von neuen Gatekeepern, IT-Unternehmen und Dienstleistern, kontrolliert werden. Entscheidend für den (Kommunikations-)Erfolg wird der Zugang zum Kunden und seinen „emotionalen Daten“ sein.
Die Podiumsdiskutanten bleiben in ihrer Prognose zurückhaltender und blicken in die nahe Zukunft der Kommunikationsbranche. Hier sehen sie Trends, die sich schon heute in der Wirtschaft abzeichnen: Verlagernde Absatz- und damit Kommunikationsmärkte, Digitalisierung und Globalisierung. Der schnelle Wandel in der Kommunikationsbranche ist gewiss und daran sind sich (fast) alle einig. Die Digitalisierung und ihr Einfluss auf Geschäftsprozesse und -modelle ist einer der größten Treiber, der ein Umdenken erforderlich macht.
Susanne Marell, Deutschlandchefin von Edelman, ist aktuell selbst mit dem Umbau der Agentur betraut und glaubt an stetigen Wandel im Wettbewerb um die kreativsten Ideen und exzellentes Handwerk. Ihre These: Buzz-Wörter ändern sich. Das Managen von Geschäftsmodellen braucht auch in Zukunft Vertrauen, Akzeptanz und Reputation. Wer in diesem Sinne für Unternehmen eine Licence to operate sichern kann und dahingehend berät, ist gut aufgestellt.
Andreas Breitsprecher, Director Business Communications bei Vattenfall, glaubt an neue technologische Rahmenbedingungen aber nicht an neue Kommunikationsanforderungen. Der routinierte Lobbyist verweist auf die Gültigkeit geltender Grundmechanismen guter Kommunikationsarbeit: Mit Transparenz und Dialogfähigkeit Vertrauen schaffen. Seine These: Outside-In-Denken gewinnt, indem gesellschaftliche Belange von vornherein mitgedacht und in die Unternehmenskommunikation integriert werden.
Joachim Klewes, Gründer von Kohtes & Klewes Kommunikation (heute Ketchum Pleon) und Honorarprofessor an der Heinrich-Heine-Universität, sieht hingegen einen Bedeutungsverlust für die heutige PR. Er fordert mehr Bewusstsein in Unternehmen und Agenturen für die gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Kommunikationsarbeit erst ermöglichen, aber nicht selbstverständlich sind.Sein Appell: Kümmern, politischer Denken und etwas tun für die Demokratie und die Aufrechterhaltung der Zivilgesellschaft. Denn ohne sie wird es in Zukunft keine kritischen Öffentlichkeiten mehr geben, für die es zu kommunizieren lohnt.
Jana Bomhoff, Referentin Presse/Unternehmenskommunikation Generali Versicherung, weist Kritik am PR-Nachwuchs, den Universitäten und Ausbildungsorganisationen zurück. Sie betont, was die Young Professionals schon heute mitbringen: Engagement, Praktika, Auslandserfahrung sowie Lernbereitschaft.Ihr Erfolgsgeheimnis: Bereit sein mit den Veränderungen zu gehen und sich diesen nicht zu verschließen, sondern aktiv über den Tellerrand hinauszublicken.
Das Fach-Publikum greift die Diskussion auf und sieht sich wie die Podiumsgäste selbst teils mit gravierenden Veränderungen in den Kommunikationsmärkten konfrontiert.
Stefan Koch, Geschäftsführer bei Flutlicht, sieht das klassische PR-Geschäft bedroht. Längst greifen Online-Agenturen, SEO-Dienstleistern, Marketing-Agenturen an. Seine Prognose: PR kann die Content Hoheit behalten, wenn es denn Kommunikatoren gelingt als Corporate Governance Instanz und nicht länger als Pressearbeiter wahrgenommen zu werden. Denn diese Spezies sei vom Aussterben bedroht.
Alexander Güttler, CEO von komm.passion, sieht ein neues Verhältnis zwischen PR-Agenturen und ihren Kunden auf Unternehmensseite. Seine These: PR-Berater arbeiten in Zukunft nicht mehr für Unternehmen, sondern mit ihnen – und anderen Dienstleistern, auf gemeinsamen Online-Collaboration-Plattformen. Auf diesen gemeinsamen Plattformen falle es dann leichter, weitere Dienstleister zuzuschalten, was die Spezialisierung der Agenturen – entweder in Richtung hochwertige Beratung oder hin zu hocheffizienter Umsetzung – forcieren werde.