Neue Aufgaben für die interne Kommunikation
Zunächst stellten Jörg Pfannenberg und Manuel Wecker von JP | KOM sowie Kathrin Zachary von Henkel und Steffen Henke und Martin Müller von Vodafone ihre Thesen vor. Im Anschluss signalisierten die rund 50 anwesenden Kommunikatoren Zustimmung oder Ablehnung zu jeder These. Die kontroversen wurden im Plenum diskutiert.
Themenfeld A: Organisation – Die Kommunikationsabteilung muss agiler werden
These 1
Jörg Pfannenberg, JP | KOM
Auch die digitale Transformation wird nicht „disruptiv“ sein – die Ressourcen kommen stets aus der Vergangenheit. Aber sie ist ein Weckruf für Schnelligkeit, Lernen über Fehler, Kundenorientierung und Vernetzung. Disruption meint, dass bestehende Geschäftsmodelle durch eine starke Innovation zerschlagen werden. Das erzeugt Ängste – in der Unternehmensleitung, bei Mitarbeitern und in der Öffentlichkeit. Unternehmen sehen sich unter großem Handlungsdruck und befürchten, nicht mithalten zu können. Alle 10 Jahre wird in deutschen Medien Panik gemacht – auch heute, wenn es um die digitale Transformation geht. Dafür gibt es keinen Grund.Was die Digitalisierung von Unternehmen verlangt, ist im agilen Projektmanagement längst bekannt: Schnelligkeit, Agilität und Kollaboration. Das Problem liegt in der Unternehmenswirklichkeit – in langen Abstimmungswegen und ineffizienten Prozessen.
These 2
Jörg Pfannenberg, JP | KOM
In der operativen Kultur deutscher Unternehmen lässt sich agile Innovation kaum realisieren. Innovation braucht hier eine Zweitorganisation mit einer Zweitkultur. Innovative Prozesse setzen andere Tugenden voraus als operative Prozesse (vgl. Daniel Huber: Bridging the Innovation Gap). Operative Exzellenz braucht Prozesssicherheit und Genauigkeit. Innovation hingegen erfordert, dass Prozesse angepasst oder übersprungen werden. Wer wirklich innovativ sein will, muss sich von gewohnten Strukturen lösen. Dafür werden entweder agile Arbeitsformen innerhalb der bestehenden Organisation eingeführt, oder eine zweite Organisation gegründet. Innovative Unternehmen müssen zwei Unternehmenskulturen pflegen und zwei Varianten einer Botschaft kommunizieren – und die organisatorischen Konsequenzen ziehen.
These 3
Manuel Wecker, JP | KOM
Agiles Projektmanagement ist die neue Organisationsform für die Unternehmenskommunikation (intern + extern). Vorbild sind IT und Tech-Start-ups, nicht der Journalismus. Die Kommunikation setzt mit ihren Organisationsmodellen teilweise aufs tote Pferd. Viel zu häufig übernimmt sie Modelle aus dem klassischen Journalismus. Eine fragwürdige Vorgehensweise, denn: Journalismus ist kein erfolgreiches Geschäftsmodell mehr – und in den Redaktionen ging es seit jeher hierarchisch zu. Sind Newsrooms und Themenzonen wirklich ein gutes Vorbild für die Managementstrukturen digitaler Kommunikation? Stattdessen könnten Methoden etwa aus der IT-Entwicklung (z. B. Scrum) als Vorbild dienen. Sie durchbrechen Routinen und lassen Teams flexibler zusammenarbeiten.
Themenfeld B) Kollaboration – Vernetzung erfordert Kulturwandel
These 4
Jörg Pfannenberg, JP | KOM
Die Kollaboration über Unternehmensgrenzen hinweg ist der kritische Pfad für die digitale Transformation – hier brauchen deutsche Unternehmen tatsächlich einen Kulturwandel. Kunden in den Innovationsprozess einbeziehen? Mit solchen Modellen tun sich viele deutsche Unternehmen aktuell noch schwer. Aber sie sind die Zukunft. Die interne Kommunikation muss den Kulturwandel im Unternehmen fördern. Dafür gilt es, Foren des Austauschs bereitzustellen. Das können Events und digitale Plattformen sein. Die Kommunikation muss diese besetzen und einen Anfangsimpuls liefern.
These 5
Manuel Wecker, JP | KOM
Nur wer als Unternehmen intern gleich extern kommuniziert und sich mit digitalen Angeboten gleichzeitig an Kunden und Kooperationspartner richtet, überlebt. Die Entwicklung dieser neuen Angebote muss radikal vernetzt erfolgen. Der Wertschöpfungsprozess ist nicht mehr linear. Er ist dialoggetrieben. Kollaborationsplattformen müssen sich an Mitarbeiter und gleichzeitig an Kunden und Kooperationspartner richten – und diese in den Entwicklungsprozess einbeziehen. Nur im direkten Austausch können passende Lösungen und Produkte entwickelt werden.
These 6
Kathrin Zachary, Henkel
Social Media beschleunigt den Bedeutungsverlust von Hierarchien in Unternehmen. Digitale Plattformen für den unternehmensweiten Austausch lösen das einseitig bespielte Intranet ab. Themen werden nicht mehr top-down vorgegeben. Alle Mitarbeiter werden ermutigt, in Diskussion zu treten und Themen mit den Kollegen zu teilen. Das erfordert eine neue Unternehmenskultur, die Mitarbeiter motiviert und zum Mitmachen anregt.
Themenfeld C) Medien – Das Medienportfolio hat Signalwirkung für die Digitalisierung im Unternehmen
These 7
Kathrin Zachary, Henkel
Die gedruckte Mitarbeiterzeitung ist am Ende. Zukünftig wird die Print-Ausgabe vollständig von digitalen Versionen oder integrierten Apps abgelöst. Dabei wird das ursprüngliche Printmagazin nicht zwangsläufig eins zu eins in eine digitale Version übersetzt.
These 8
Manuel Wecker, JP | KOM
Die digitale Transformation nutzt (als letzter branchenübergreifender Change-Prozess?) analoge Medien für die interne Vermittlung. Das ist unglaubwürdig. Zu viele Unternehmen setzen für die Kommunikation der Transformation noch traditionelle Medien wie die gedruckte Mitarbeiterzeitung, das Intranet oder Printbroschüren ein. Kommunikation muss aber mit gutem Beispiel vorangehen und digitale Transformation selber leben.
Themenfeld D) Content-Monopole brechen ab
These 9
Kathrin Zachary, Henkel
Die Unternehmenskommunikation verliert die Hoheit über eigene Themen. Die Einführung von internen Social Media-Kanälen bedeutet, dass die Unternehmenskommunikation ihr Monopol bei der Themensetzung verliert. Die interne Kommunikation kann nur noch reagieren.
These 10
Steffen Henke und Martin Müller, Vodafone
Es lebe der König, Content bleibt King! Die Zukunft der internen Kommunikation liegt weiterhin im Erzählen guter Geschichten, nicht im Community Management oder der Einführung von Productivity-Tools. Die Kommunikationsabteilung ist nicht mehr alleiniger Vermittler von Informationen. Die neue Rolle der Kommunikation heißt: Moderator in einem lebendigen Dialog sein. Und auch für digitale Formate gilt: Content hat immer noch Platz – er muss nur digital aufbereitet werden; Storytelling, Visualisierung und kurze Botschaften sind die Stichworte.
These 11
Steffen Henke und Martin Müller, Vodafone
Um in Zeiten von internen Social Communitys und wachsender Konkurrenz um Aufmerksamkeit Gehör zu finden, muss die Interne Kommunikation sich neu erfinden. Sie muss überraschen, darf sogar humorvoll sein – und kann nur so an Relevanz gewinnen. Im Wettbewerb mit Social Media-Tools wie Facebook müssen Botschaften anders aufbereitet werden als bisher. Die interne Kommunikation muss die Mitarbeiter überraschen.
These 12
Steffen Henke und Martin Müller, Vodafone
Wer, wenn nicht wir? Interne Kommunikation ist seit jeher der wahre Gestalter von Change-Prozessen in Unternehmen. Deshalb müssen wir Treiber der digitalen Transformation sein. Die Interne Kommunikation muss integriert arbeiten, andere Bereiche und Externe mit einbeziehen. In modernen Unternehmen muss die Kommunikation mit schnellen, digitalen und mobilen Verbreitungskanälen als Vorbild vorangehen. So kann sie den Veränderungsprozess maßgeblich mitgestalten.
Stimmen aus dem Plenum
Wird Hierarchie durch digitale Plattformen aufgelöst?
„Nichts kann Hierarchien ersetzen. Daran kann auch Social Media nichts ändern. Es entstehen höchstens andere Hierarchieformen. “
„Durch Social Media können Hierarchiestufen umgangen werden. Es wird top-down so wie bottom-up kommuniziert und abteilungsübergreifend gearbeitet – egal auf welcher Position.“
Ermöglicht radikale Vernetzung Unternehmen eine erfolgreichere Zukunft?
„Vernetzung beschleunigt die Produktentwicklung. Und das sollte das Ziel sein.“
„Je besser ich mit meinen Kunden vernetzt bin, desto eher weiß ich, was sie wollen. Für viele Branchen ist das fast zu schön um wahr zu sein.“